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In einem längst vergangenen Jahrzehnt verschlugen die Wirrungen des Lebens mich für ein knappes Jahr lang aufs Land in die Fränkische Schweiz. Hier durfte ich nicht nur Bekanntschaft mit dem Phänomen der Borderline-Psychose in herrlichster Ausprägung machen, sondern auch ein spannendes Auto-Problem lösen. Beide Erfahrungen haben mich viel Arbeit (und in ersterem Falle auch viel Geld) gekostet und mich vieles Nützliche gelehrt.

Wohnst Du dem Land, wo es keine Infrastruktur gibt, ist ein Auto lebenswichtig. Bist Du zu zweit, willst aber ein winziges bisschen Autonomie, ist ein EIGENES Auto lebenswichtig. Ich hatte neben dem gemeinsamen Fahrzeug, einem alten Geländewagen, ein eigenes Auto: meinen altgedienten Citroën XM. Baujahr ca. 1992, schnittig, TD, langstreckengetestet, hat mich regelmäßig von Münster nach Nürnberg gebracht, wobei ich die 500km immer in 4h geschafft habe, was ich beachtlich finde; und das mit 6,3l Verbrauch, der bei Dauer-Vollgas auf 6,5l ansteigen konnte, was ich noch viel beachtlicher finde. Das war ein Motor… vollgasfest und wartungsarm. Der Rest des Autos war bereits durchrepariert (sogar die Motorlager erneuert, eine Wohltat!). Vieles war hier noch mechanisch, zB das komplette Einspritzsystem, aber die wenige Elektrik hat nicht nur Freude gemacht. Denn wenn bei der Fahrt das Licht plötzlich ausgeht, kann man sich nur über die Einbauposition des zugehörigen Relais wundern, die, sagen wir mal, „gut erreichbar“ war (auch für das deutsche Miesewetter).

Dieses schöne Auto stellte ich immer auf den einzigen Stellplatz, der eine Besonderheit hatte, nämlich dass er sehr abschüssig war.

Eines Tages setzte ich mich rein, und kaum hatte ich nach dem Vorglühen den Schlüssel gedreht, gab es nur einen starken, kurzen Ruck gefolgt von Totenstille.

Mist.

In der nächsten Zeit war guter Rat teuer. Die Aussicht auf Verlust der eigenen Karre nagte an mir. Der Autoschrauber des Vertrauens 500km weit weg. Keine Freunde oder Bekannten in der Nähe. Nicht mal eine Autowerkstatt in der Nähe, wobei mich zumindest eine teure Abschleppaktion davon getrennt hätte. Schutzbrief? Nur bei Mindestentfernung vom Wohnort. Und das Auto stand auf einer Schrägen. Das Gegenteil von Wagenheber-geeignet.

Zunächst telefonierte ich mit dem Schrauber des Vertrauens. Zahnriemen inspiziert: intakt. Wir kamen überein, den Motor mal per Hand durchzudrehen. Jedenfalls drehte ich irgendwann an der Kurbelwelle, um festzustellen, dass dies nur stückchenweise ging, und dann (ohne verdächtige Nebengeräusche) auf stumpfen aber unüberwindbaren Widerstand zu stoßen. Mein erfahrener Fernratgeber (Herr Greskötter aus Münster-Roxel) war ein Fuchs und stellte irgendwann (ob schon jetzt oder später, weiß ich nicht mehr) die Diagnose eines Wasserschlages. Ich wusste nicht mal, was das ist.

Von einem Wasserschlag spricht man, wenn Wasser in den Motor gerät, meist bei Durchfahren von zu tiefem Wasser und Ansaugen von Wasser durch den Luftfilter. Kaum gelangt das nicht komprimible Medium in den Verbrennungsraum, wird der Motor hart gestoppt, sobald ein Zylinder gegen die "Wand" fährt. Motor kaputt, Kurbelwelle verbogen oder schlimmeres. Nur war ich nicht durch Wasser gefahren. Als plausible Gründe blieben übrig ein Haarriss im Zylinderkopf mit Leckage von Kühlwasser in den Zylinder, oder ein Bruch der Zylinderkopfdichtung mit gleichem Effekt.

Zylinderkopfdichtung? Könnte man wechseln... ein Hoffnungsschimmer?

Ich hatte sowas bis dahin noch nie gemacht. Die üblichen Arbeiten an Bremsen und Radlagern waren mir geläufig, Zahnriemenwechsel war das größte. Aber was blieb mir. Auto war eh kaputt. Und ich hing dran...

Etwas Werkzeug war auch vorhanden, schließlich war ich mal Fiat Ritmo gefahren (Kaufpreis: eine Tüte Chips), um ihn noch ein Dreivierteljahr am Leben zu erhalten, dabei lieber 500 Mark in Werkzeug zu investieren, und nur 12 Mark in einen neuen Benzinfilter (nachdem das Vergaser-Reinigen bereits Routine geworden war). Hauptsache, irgendwie zu den Felsen kommen... (Was kaputt war, wurde in der Regel ausgebaut und nicht ersetzt.)

Erste Herausforderung war, das Auto von der ca. 25° geneigten Standfläche zu kriegen, um es überhaupt mal aufbocken zu können. Wie ich das geschafft habe, weiß nich nicht mehr, jedenfalls konnte ich schräg gegenüber am Fuße der Steigung einen neuen einigermaßen ebenen Standplatz aquirieren.

Dann war ich noch so schlau, mir im Internet einen geeigneten Wagenheber auszusuchen. Ich hatte mich für ein solides, Vertrauen erweckendes Modell entschieden. Es wurde per Lkw auf Palette geliefert, hatte volles Werkstattformat, und war auf den unebenen, nicht glatten Flächen praktisch kaum mit einer Person zu bewegen. Zum Glück konnte ich ihn wieder abholen lassen. Ein kleiner hydraulischer Billig-Wagenheber tat es dann auch. Die wesentlichen Arbeiten fanden natürlich von oben statt.

Ich nahm also den Zylinderkopf ab. In der Tat fand sich in den Zylindern eine Flüssigkeit. Damit war die Diagnose im Grunde bestätigt. Die Flüssigkeit war komisch. Sie kam mir nicht ganz wie Wasser vor, fühlte sich etwas schmierig an, und ich erinnere mich sogar daran, dass ich versucht habe, sie zu entzünden, das ging aber nicht.

Selbstverständlich war auf dem bis hierher beschrittenen Weg auch schon Gelegenheit, die ein oder andere Methode des Schrauben-Ausbohrens zu erlernen. Beim Abnehmen der Bremsscheibe(?) rechts musste ich eine größere abgebrochene Schraube klassisch durch Ausbohren entfernt. (Schraube an Bremschscheibe klingt unwichtig, aber damals war ich noch unerfahren und die goldene Regel lautete: wenn es wie vorher ist, ist es wohl richtig.) Beim Ausbau der Wasserpumpe (rechts an der Seite, mit wenig Platz (Quermotor)) riss ebenfalls ein Schraubenkopf ab. Versuche, hier ranzukommen, waren vergeblich, so dass ich eine weitere wichtige Technik erlernte bzw. vervollkommnete, nämlich die der Ellipse (ich meine das Weglassen).

Trotz aller Widrigkeiten von Wetter und Vollzeitjob gingen die Ersatzteil-Recherche und -beschaffung, Werkzeug-Recherche und -beschaffung, Reparaturanleitungs-Recherche und -beschaffung irgendwie voran. Schließlich war ich soweit, den Motor wieder zusammenzusetzen. Kein schöner Anblick, wenn sich nach ca. 6-wöchiger Outdoor-Exposition an der Innenwand der Zylinder bereits Flugrost gebildet hat.

Nachdem die Zylinderkopfschrauben mit aberwitzigem Drehmoment plus Winkel angezogen waren (sie längen sich dabei), und der sämtlicher andere Krempel wieder angebaut war, sollte der erste Startversuch erfolgen. Dieser verlief wie folgt: Vorglühen, Anlasser dreht, Motor orgelt einmal, springt an, dreht aber nicht in Standgas/Leerlauf, sondern dreht sofort hoch auf Maximaldrehzahl, als ob ich Vollgas geben würde - während im Rückspiegel innerhalb von Sekunden eine riesige weiße Wolke entsteht. Sofort den Schlüssel wieder rumgedreht, aber Motor läuft wie wahnsinnig weiter!!?! - geistesgegenwärtig bockte ich ihn ab. Totenstille, Durchatmen. Rätseln.

Ohne Lösung oder auch nur den Ansatz einer Erklärung machte ich dann einen zweiten Versuch. Der lief besser. Ich fuhr sogar ein Stück, wobei der Motor kaum zog und Mühe hatte den Berg heraufzukommen, was aber dadurch erklärlich war, dass ich den Turbo noch nicht wieder konnektiert hatte. Ohne Turbo kaum Leistung, klar. Da das Auto nun aber irgendwie wieder zu fahren schien, baute ich alles bis dahin weggelassene auch wieder an bzw. zusammen, und war ganz guter Dinge, dass ich wieder mobil war.

Doch nun geschahen wunderliche Dinge. Zwar fuhr es sich mit Turbo wieder ganz normal, was schon mal toll war! Auf dem Weg in die Stadt hatte ich aber vor einer T-Kreuzung plötzlich das Gefühl, dass das Auto von selbst etwas Gas gibt. Häh? Und auf dem Parkplatz des Supermarktes beim Starten des Motors erneut das irre Hochdrehen und die riesige weiße Wolke, bis zum Abbocken. Irgendwas war also oberfaul.

Es folgten Telefonate mit Herrn Greskötter und ein Besuch bei einem regionalen Citroën-Schrauber. Wie genau die Experten drauf kamen, weiß ich nicht mehr, aber die Dieselpumpe schien ja defekt zu sein. Ein Dieselmotor ist ja ein Selbstzünder und hat keine Zündung. Ein Dieselmotor wird gestoppt, indem ein Magnetventil geschlossen wird, so dass ihm der Kraftstoff ausgeht. Die Funktion dieses Ventils war leicht überprüfbar und gegeben. Also ließ die Einspritzpumpe irgendwie Diesel durch.

Mit dem Fabrikat der Einspritzpumpe dieses älteren Citroën-Modells konnten die meisten Fachwerkstätten zwar nichts anfangen, aber es fand sich ein Spezialist nicht weit weg (Diesel Technologie Nürnberg), welcher in der Lage sein sollte, die Dieselpumpe auf dem Prüfstand zu testen und zu reparieren. Einzige Voraussetzung: das Auto stört dabei nur, sie ist also in ausgebautem Zustand hinzubringen. Gut, das kriegt man dann auch noch hin...

Beim Abholen der Pumpe erfuhr ich vom Mechaniker, was das Problem gewesen ist. Eine Membran war undicht. Die Einspritzpumpe muss die Fördermenge regulieren, und dabei wenn der Turbo hochdreht und mehr komprimierte Luft fördert, auch mehr Diesel pumpen. Dafür hat die Pumpe mit dem Luftansaugweg (großes querliegendes Rohr vor dem Motor!) Verbindung über eine Membran, und bei Unterdruck wird die Dieselfördermenge erhöht. Diese Membran war undicht, so dass bei Unterdruck Diesel in den Luftansaugweg gelangte, was wiederum zu mehr Drehzahl führte und zu noch mehr Unterdruck... Circulus vitiosus. Der Motor hat sich sozusagen selbst bedient. Alle widernatürlichen Phänomene erklärt. Moment mal, hatte ich in dem großen querliegenden Rohr beim Auseinandernehmen nicht AUCH eine komische Flüssigkeit entdeckt?? Großes Rohr ist ja ein Luftrohr und damit von Kühlwasserschläuchen gut zu unterscheiden (zumal Kühlwasser immer eine Farbe hat), aber was ich nicht verstand, hatte ich nicht weiter ergründet. Und das Anzünden der Flüssigkeit Diesel ist eben auch nicht so einfach, wie ich dachte. Jetzt war alles klar. Und selbstverständlich war die Zylinderkopfdichtung intakt, ebenso wie der Zylinderkopf, und überhaupt die ganze Demontage vollkommen unnötig gewesen...

Doch wie war es zum Wasserschlag gekommen, oder sagen wir besser, Dieselschlag?

Auch das konnte ich jetzt nachvollziehen. Ich war Langstrecke gefahren ohne Besonderheiten, und hatte das Auto abgestellt, auf der erwähnten Schrägen, mit der Nase nach unten. Über Nacht muss durch die Schwerkraft eine gehörige Portion Diesel durch die undichte Membran in Luftansaugkanal gelaufen sein. Genug, dass der Motor beim nächsten Start nicht drehen konnte. Dadurch, dass es sozusagen aus dem Stand passierte, ging dabei nichts kaputt.

Rückblickend hätte ich vielleicht durch beharrliche Kraftausübung an der Kurbelwelle den Motor leerpressen können und einfach zur Werkstatt fahren können... Beim nächsten Mal passe ich auf, welche Flüssigkeiten welche sind... Erfahrung ist eben das A und O...

Jedenfalls gab es eine Test- und Befreiungsfahrt mit meinem Bruder über Regensburg und Bratislava in die Hohe Tatra, und das gute Stück fuhr bis dahin und noch 100.000 km weiter ganz wunderbar, bevor es wegen allgemeiner Altersschwäche dann doch aufgegeben wurde.

Und tatsächlich hat mich das Auto-chen so aus der selbstverschuldeten Isolation wieder herausgeführt und mich zurück ins Leben gebracht.

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